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Interview Trainer Winfried Kronsteiner

Interview Trainer Winfried Kronsteiner

Interview mit Teamchef Winfried Kronsteiner

Von 14.-22. November findet in Cordoba (Argentinien) die Faustball Weltmeisterschaft der Männer statt. Das Faustball Team Austria (FTA) zählt auch diesmal wieder zum Favoritenkreis. Im Interview spricht Trainer Winfried Kronsteiner über die Vorbereitung, Spielkonzepte und den neuen Austragungsmodus in der Bundesliga.

ÖFBB: In den letzten 15 Jahren holte Österreich bei internationalen Großereignissen Medaillen. Während von 2000 bis 2010 7x Gold, 2x Silber und 3x Bronze gewonnen wurde, ist die Tendenz seither fallend. Zuerst 2x Silber, zuletzt 2x Bronze. Ist Österreich derzeit nur die 3. Kraft im internationalen Faustball?

Kronsteiner: Realistisch gesehen, ja. Wir fahren diesmal nicht als Favoriten nach Argentinien.

ÖFBB: Wo siehst Du die Gründe?

Kronsteiner: Neue Spieler und Nationen sind aufgekommen, die in den entscheidenden Situationen effizienter agierten. Wie etwa Patrick Thomas aus Deutschland, der zurzeit alles abräumt. Da konnten wir bei den letzten Großereignissen nicht dagegen halten.

ÖFBB: Aber das soll sich bei dieser Weltmeisterschaft ändern…

Kronsteiner: Genau. Das alles hindert uns nicht daran, mit vollem Engagement auf Titel loszugehen. Wenn alle Zahnräder ineinander greifen, ist dieses Ziel auch realistisch. Für Spieler und Betreuer ist das eine überaus spannende Herausforderung und – auch wenn das vielleicht ein wenig paradox klingt – gleichzeitig eine große Chance für die Weiterentwicklung im Team. Man kann viele Ideen und Konzepte basteln, was man während eines Erfolgslaufes nicht so macht.

ÖFBB: Titelverteidiger Deutschland und die Schweiz zählen naturgemäß zu den größten Konkurrenten. Welche Nationen können Deiner Meinung nach noch überraschen?

Kronsteiner: Brasilien fällt von der Spielstärke her sicher in die gleiche Kategorie. Gastgeber Argentinien ist immer unberechenbar. Da haben wir uns immer schwer getan, zuletzt bei der Heim-WM 2011. Auch Chile hat stark aufgeholt.

ÖFBB: Bei der WM werden insgesamt 15 Nationen am Start sein. Neben etablierten Team werden auch neue Verbände vertreten sein, die teilweise erst vor kurzem gegründet wurden und wenig Erfahrung haben. Du bekleidest ja auch die Funktion des IFA-Generalsekretärs. Welche Überlegungen stecken dahinter, diese Teams schon jetzt bei einer Weltmeisterschaft antreten zu lassen?

Kronsteiner: Eines der ganz großen Entwicklungsziele der IFA ist die Internationalisierung. Der während der WM stattfindende Kongress der IFA soll dazu auch einen Startschuss geben: Kontinentalverbände sollen gegründet werden, die Vernetzung international soll gestärkt werden, mittel- und langfristige Ziele in Richtung Anerkennung durch das IOC sollen gemeinsam erarbeitet werden. Dazu braucht es den persönlichen Kontakt mit Spielern und Funktionären dieser Nationen. Das ist auch der Grund, warum wir uns sehr freuen, dass so viele Nationen zu dieser Weltmeisterschaft kommen werden.

ÖFBB: Österreich bereitet sich intensiv auf die Weltmeisterschaft vor. Drei einwöchige Trainingslager hat das Team hinter sich. Wo liegen die Schwerpunkte in der Vorbereitung?
 
Kronsteiner: Wir brauchen selbstbewusste Spieler mit Selbstvertrauen und Selbstverständlichkeit im Match. Der Schlüssel zum Erfolg ist, den Matchplan vorzugeben, zu agieren statt zu reagieren.
Für den Angriff ist das Zuspiel ungemein wichtig. Wir müssen über Technik und Taktik punkten, denn wir haben nicht die Angriffsschärfe eines Patrick Thomas oder Cyrill Schreiber.
Dazu erarbeiten wir Angriffs- und Abwehr-Konstellationen, die mit- und füreinander arbeiten. Wir wollen unser Spiel nicht auf Einzelspieler aufbauen, sondern auf ein Kollektiv. Je bewusster das den Spielern ist, desto erfolgreicher wird das Spiel sein.
Neben der Vorbereitungsarbeit im Team legen wir auch besonderen Wert auf individuelle Vorbereitung mit Kraftcoach Reinhard Filzmoser. Die Spieler bekommen Trainingspläne, es gibt auch spezielle Pläne, für rekonvaleszente Spieler. Die Ausdauerwerte sind entsprechend gut. Meiner Meinung nach haben wir das fitteste Team aller Zeiten. Das Engagement in der Vorbereitung und die körperliche Basis sind hervorragend. Die Betreuer versuchen, diese Mosaiksteinchen erfolgreich zusammenführen.

ÖFBB: Nach der klaren Länderspielniederlage gegen die Schweiz hast Du Aufholbedarf in Punkto Angriffseffizienz, Ballbehandlung, individuelle Laufwege und Abstimmung in der Mannschaft geortet. Kannst Du für Nicht-Insider erklären, was ein erfahrener Nationalspieler an der Ballbehandlung noch ändern kann, oder warum individuelle Laufwege so wichtig entscheidend sind? Und wie kann man die Angriffseffizienz verbessern?
 
Kronsteiner: In der Vergangenheit waren wir als Gesamtmannschaft zu berechenbar. Die Gegner haben gewusst, wie wir Defensive anlegen, wer in welchen Situationen wo steht. Und geht es darum, Möglichkeiten zu entwickeln, auf Angriffe der Gegner anders reagieren können. Es soll mehr Freiheiten für Mittelspieler geben, gepaart mit einer verstärkten Abwehr. Dieses Konzept muss verinnerlicht werden. Jeder Spieler muss in jeder Situation wissen: wie stehe ich, wie laufe ich, wie antizipiere ich, was ist mein Aufgabenbereich, wie reagiere ich. Wir wollen einen modernen Spielstil etablieren.

ÖFBB: Gibt es ein Rezept für das große Ziel "Weltmeistertitel"?
 
Kronsteiner: Wenn es ein Rezept gäbe, hätten wir es bereits gefunden. Aber es gibt Zutaten. Wir müssen eine gute Basis schaffen und uns ehrgeizig vorbereiten. Aus unserer Startposition müssen wir über die Performance arbeiten. Wenn wir das schaffen, können wir jeden schlagen.
 
ÖFBB: Nachdem sich in den letzten Jahren einige Vereine in der Meisterschaft mit Legionären verstärkt haben, wurde in der vergangenen Herbstsaison verstärkt auf österreichische Spieler gesetzt. Auch Nachwuchsspieler werden vermehrt in der 1. Bundesliga eingesetzt. Aus Teamchefsicht wahrscheinlich eine gute Entwicklung. Unsere Bundesliga wird oft als eine der stärksten Ligen bezeichnet. Wird das auch mit weniger Legionären so bleiben?
 
Kronsteiner: Ich bin nicht sicher, ob wir wirklich die stärkste Liga haben. Es gibt aber sicher eine sehr große Dichte an guten Spielern und Vereinen. Die Liga ist 10-15 Jahre lang von den gleichen Personen dominiert worden, daher natürlich auch das Nationalteam. Diese Elite wird gerade ein wenig aufgebrochen, zum Beispiel von den Tigers aus Vöcklabruck. Es ist auch höchste Zeit für Auffrischung. Alles, was an Nachwuchs kommt, ist für die Weiterentwicklung wichtig. Es ist Zeit, dass sich die Jungen Platz verschaffen. Unsere U18 und U21 sind in diesem Jahr knapp am Titel vorbei, aber man hat schon deutlich gesehen, dass diese Spieler international für Furore sorgen können. Und das neue Nachwuchskonzept wird dazu einen Beitrag leisten, diese Entwicklung weiter voranzutreiben.

ÖFBB: Die Bundesliga wurde in diesem Herbst in einem neuen Modus ausgetragen - 4 Turniere, an denen jeweils alle 8 Bundesligamannschaften teilnehmen. Was ist der Vorteil - auch im Hinblick Weltmeisterschaft?
 
Kronsteiner: Die Alternative wäre eine normale Herbstrunde wie in der Vergangenheit. Nach einer langen Saison mit Meisterschaftsentscheidungen und internationalen Bewerben waren die Spieler manchmal schon leer. Der Herbst war für Spieler und Zuseher nicht so attraktiv, wie er es sein könnte. Für die WM brauchen wir Spieler, die voll im Meisterschaftssaft stehen. Wir haben daher versucht, ein KO-System zu entwickeln, das die Spieler fordert. Wenn ein Spiel mit zwei Gewinnsätzen entschieden wird, muss jeder sofort und mit voller Konzentration auf dem Platz stehen. Man muss konstante Leistungen bringen. Und wenn man in kurzer Zeit gegen mehrere unterschiedliche Gegner antritt, muss man sich schnell an verschiedenste Spielsituationen anpassen können. Das alles wird auch bei der WM benötigt.
 
ÖFBB: Wie haben die Spieler, vor allem natürlich die Teamspieler, das bei den Herbstturnieren umgesetzt? Wie lautet Deine Bilanz der Bundesligaturniere? Bleibt es bei einem Versuch, oder wird es diese Turnierform auch in Zukunft geben?

Kronsteiner: In Summe hatte ich mir mehr davon erwartet: vor allem natürlich in der Performance der Spieler. Das haben wir auch klar angesprochen in unserem Team: Da war zu wenig Gier, zu wenig Engagement und auch zu wenig spielerische Entwicklung. Insgesamt wird sich die Bundesliga überlegen müssen, ob dieser Modus für sie Zukunft hat, die Entscheidung darüber liegt nicht bei mir. Die Rückmeldungen, die ich erhalten habe, sind größtenteils positiv: Ich würde einen Weiterbestand empfehlen, wenngleich organisatorisch einige Adaptionen notwendig sein werden. Auch für die Zuseher war nicht jeder Durchgang restlos attraktiv.  


Details:
14. Faustball Männer-Weltmeisterschaft 2015 (IFA 2015 Fistball Men’s World Championship)
Cordoba, Argentinien (14.-22.11.2015)
http://www.ifa-fistball.com

Foto:
Trainer Winfried Kronsteiner bei der Pressekonferenz zur WM 2015 (ÖFBB/Gusenleitner Stefan)

11.11.2015 06:51

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